Safety Clutter

Im Dschungel der Sicherheitsanforderungen kann man leicht den Überblick verlieren.

Als Safety Clutter (frei übersetzt: „Sicherheitswirrwarr“) bezeichnet die Anhäufung von Sicherheitsverfahren, Dokumenten, Rollen und Aktivitäten, die im Namen der Sicherheit durchgeführt werden, aber nicht zur Sicherheit im Betrieb beitragen. Dies führt nicht nur zu unnötigen Kosten und Zeitverlusten, sondern schadet auch der Akzeptanz und fördert Zynismus.

Dieser Artikel fasst die wichtigsten Ergebnisse einer Studie von Rae et al. zu diesem Thema zusammen und gibt praktische Tipps, wie Safety Clutter reduziert werden kann.

Wie entsteht Safety Clutter?

Die Studie identifiziert 3 Hauptursachen für die Entstehung von Safety Clutter:

  • Duplizierung:
    Mehrere ähnliche Sicherheitsmaßnahmen werden parallel durchgeführt – ohne zusätzlichen Sicherheitsnutzen.
  • Generalisierung:
    Sicherheitsanforderungen, die in einem Kontext sinnvoll sind, werden auf alle Situationen angewendet, unabhängig von ihrer Relevanz.
  • Überspezifikation:
    Gute Praktiken werden unnötigerweise in dokumentierte Prozesse ümgesetzt, was die Durchführung komplizierter und zeitaufwändiger macht.

 

Zu Safety Clutter trägt auch bei, dass es viele regelmäßige oder Ad-hoc-Ereignisse gibt, z. B. Unfälle oder Audits, die eine Ergänzung oder Erweiterung von Sicherheitsanforderung auslösen, aber relativ wenige Gelegenheiten, Sicherheitsanforderungen zurückzunehmen oder zu reduzieren. Und es fällt – auch psychologisch – leichter, Sicherheitsanforderungen hinzuzufügen als sie zu reduzieren.

Auswirkungen von Safety Clutter

Neben Kosten- und Produktivitätsverlusten frustriert Safety Clutter die Mitarbeiter und beeinträchtigt die in komplexen Arbeitssystemen erforderliche Flexibilität. Die Auswirkungen von Safety Clutter sind:

  • Verwirrung und Frustration:
    Zu viele Regeln können zu Verwirrung und Frustration bei den Mitarbeitern führen.
  • Verminderte Flexibilität:
    Zu viele Regeln erschweren die Anpassung an unterschiedliche Arbeitssituationen.
  • Produktivitätsverlust:
    Unnötige Sicherheitsmaßnahmen kosten Zeit und Geld.

 

Empfehlungen zur Reduktion von Safety Clutter

  • Regelmäßige Überprüfung:
    Es ist sinnvoll, bestehende Sicherheitsmaßnahmen regelmäßig zu überprüfen und solche, die keinen klaren Sicherheitsnutzen haben, zurückzunehmen. Dabei hilft es bereits, sich über das Ziel der Aktivitäten klar zu werden: Handelt es sich um Sicherheitsarbeit, d.h. Aktivitäten innerhalb von Organisationen, die primär darauf abzielen, Sicherheit zu managen, oder um Arbeitssicherheitsaktivitäten, die vor Ort einen wirklichen Unterschied machen? Rae und Provan unterteilen Sicherheit in vier Bereiche (siehe Abbildung):

    1. Soziale Sicherheit zur Förderung einer Sicherheitskultur,
    2. Demonstrierte Sicherheit, um den Stakeholdern Sicherheit zu demonstrieren,
    3. Administrative Sicherheit, d.h. die Schaffung von Sicherheitsregeln und -prozessen und
    4. Physische Sicherheit, d.h. die tatsächliche Veränderung der Arbeitsumgebung.

    Um die Sicherheit am Arbeitsplatz zu verbessern, können Organisationen prüfen, welchen der oben genannten Bereiche die Aktivitäten zuzuordnen sind und ob die eingesetzten Ressourcen so effizient genutzt werden.
  • Einbeziehung der Mitarbeiter:
    Befragung der Beschäftigten, z. B. in Form von Workshops, welche Sicherheitsmaßnahmen sie für unnötig und welche sie für sinnvoll halten.
  •  Evidenzbasierte Ansätze:
    Führungskräfte und Sicherheitsfachkräfte sollten einen reflektierten und evidenzbasierten Ansatz für ihre Arbeit entwickeln, um unnötige Sicherheitsaktivitäten zu vermeiden.
 
Safety Clutter

 Gut zu wissen

Safety Clutter stellt eine bedeutende Herausforderung für die Effizienz und Effektivität von Sicherheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz dar. Durch eine bewusste und systematische Reduktion unnötiger Sicherheitsaktivitäten können Unternehmen nicht nur Kosten sparen, sondern auch das Vertrauen und die Eigenverantwortung ihrer Mitarbeiter stärken.

Quellen: 

Rae, A.J., Provan, D.J., Weber, D.E. und Dekker, S.W.A., 2018. Safety Clutter: The accumulation and persistence of ‘safety’ work that does not contribute to operational safety. Safety Science Innovation Lab, Griffith University, Brisbane, Australia.

Rae, A. und Provan, D., 2019. Safety work versus the safety of work. Safety Science, 111, S.119-127.

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