Bow-Tie: Risikomanagement mit der Fliege

Bow-Tie ist eine leicht zu erlernende, visuelle Methode, die zur Dokumentation und Bewertung von Risikoszenarien eingesetzt werden kann. Sie hilft, die Ursachen und Folgen eines Risikoszenarios zu verstehen und zeigt auf, welche Barrieren zur Kontrolle der Situation erforderlich sind. 

Zielsetzung ist es, neben der grafischen Darstellung von Ursachen und Konsequenzen, die Barrieren zur Kontrolle der Risiken zu identifizieren und zu optimieren.

Benannt ist die Methode nach ihrer Form, der zweiflügligen Darstellung ähnlich einer Fliege.

Die Stärke des Bow-Tie ist die grafische Darstellung

Die Bow-Tie Darstellung kombiniert zwei Risikoanalyse-Werkzeuge: den Fehlerbaum und den Ereignisbaum.

  • Auf der linken Seite des Diagramms zeigt der Fehlerbaum auf, welche Ursachen (Threats) dem Risikoszenario zu Grunde liegen können und
  • auf der rechten Seite wird dokumentiert, welche Konsequenzen (Consequences) daraus resultieren können.

In einem Bow-Tie Diagramm werden Barrieren als grafische Unterbrechung auf der Verbindungslinie von Ursache und Konsequenz dargestellt. Theoretische Grundlage ist das Swiss-Cheese-Model von James Reason

Ausgangspunkt bei der Erstellung eines Bow-Tie ist das sogenannte Top Event oder Risikoszenario. Es beschriebt den Zeitpunkt des Kontrollverlusts über einen gewünschten Zustand und verbindet Fehlerbaum mit Ereignisbaum.

Bow-Tie Diagramm (Quelle: BOW TIE XP Software, Supplier: CGE RISK MANAGEMENT SOLUTION)

Gelesen wird das fertige Bow-Tie von links nach rechts, entsprechend des zeitlichen Ablaufs.

Bow-Tie Anwendung

Die Methode eignet sich für die Darstellung und Analyse von Hoch-Risiko-Szenarien oder -Ereignissen (z.B. HAZOP, potentiell schwere Unfallereignisse). Das Diagramm bildet eine gute Basis für Entscheidungen der Führungsebene, da Ursache, Konsequenzen und Barrieren übersichtlich und verständlich kommuniziert werden.

8 Analyseschritte

Die Erstellung eines Bow-Ties erfolgt in 8 Analyseschritten:

  1. Identifizierung der Gefahr (Hazard),
  2. Definition des Risikoszenarios (Kontrollverlust, Top-Event),
  3. Auflistung der möglichen Ursachen des Risikoszenarios auf der linken Seite der Darstellung,
  4. Auflistung aller möglichen Konsequenzen des eingetretenen Risikoszenarios auf der rechten Seite der Darstellung,
  5. Prüfung der Logik im Diagramm beim Lesen von links nach rechts,
  6. Identifizierung der Barrieren auf der linken Seite , die das Eintreten des Risikoereignisses verhindern (präventive Maßnahmen = Elimination, Prevention). Bewertung jeder Barriere mit hoch, mittel oder niedrig in Bezug auf ihre Wirksamkeit (wenige hochwirksame Kontrollen sind besser als viele wenig wirksame),
  7. Identifizierung der Barrieren auf der rechten Seite , die die möglichen Folgen begrenzen, wenn das Risikoszenario tatsächlich eintritt (Minderung der Auswirkungen = Separation, Mitigation). Auch hier sind wenige Maßnahmen, die den Ereignisablauf unterbrechen besser, also viele gering oder nur in Kombination wirksame Maßnahmen),
  8. Ermittlung der sicherheitskritischen Faktoren, die die Wirksamkeit der jeweiligen Barrieren herabsetzen oder aufheben (Escalation Factors, nicht in der Abb. dargestellt). Fragestellungen sind: a) Welche Aktivität(en) muss (müssen) vorhanden sein, damit diese Barriere funktioniert und b) wer müsste das tun?

 Gut zu wissen

Implementiert wurde die Methode in der Ölindustrie in den 80er Jahren: nach dem Feuer auf der Piper Alpha Ölplattform, bei dem 167 Beschäftigte tödlich verunglückten erhob die Royal Dutch Shell Group die Bow Tie Methode zum Unternehmensstandard. Seitdem hat sie sich auch in andere Industriezweigen verbreitet.

Die Grundzüge der Bow-Tie Methode werden in der DIN EN 31010 beschrieben.

Danke! für das Original-Titelfoto an Hermes Rivera auf Unsplash.

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